Lithographie und Stiche im 19 Jh.

Im 19. Jahrhundert erlebten verschiedene Drucktechniken einen Höhepunkt, die die Verbreitung von Bildern in der Massenkultur und die Herstellung von illustrierten Publikationen ermöglichten. Unter diesen Techniken waren die Lithographie, die Chromolithographie und Stiche herausragend. Jede dieser Techniken trug auf ihre eigene Weise zur visuellen Kultur des Jahrhunderts bei, wobei jede ihre eigenen Merkmale und Einsatzbereiche hatte.

Die Lithographie war eine bedeutende Entwicklung im Druckwesen des 19. Jahrhunderts. Alois Senefelder erfunden. Ihre Entstehungsgeschichte führt uns in die bayerische Stadt München, wo Senefelder nach einer kostengünstigen Möglichkeit suchte, seine Schriften und Musikaufführungen zu drucken. Die traditionellen Druckverfahren waren teuer und erforderten spezielle Fertigkeiten. Senefelder entwickelte die Lithographie auf dem Prinzip der Abstoßung von Wasser und Fett. Ein Bild wurde auf eine flache, glatte Oberfläche, in der Regel einen Stein (Lithos), gezeichnet oder geätzt. Diese Oberfläche wurde dann mit fetthaltiger Tinte bedeckt, die sich nur auf den fettigen Teilen festsetzte. Durch diese Methode konnte das Bild in hoher Qualität und mit feinen Details reproduziert werden. Die Lithographie ermöglichte eine relativ einfache und kostengünstige (für damalige Verhältnisse "Massen-") Produktion von Bildern und Texten.

Die Chromolithographie war eine Weiterentwicklung der Lithographie, die es ermöglichte, Bilder in Farbe zu drucken. Diese Technik wurde besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts populär. Sie basierte auf dem Prinzip der Verwendung mehrerer Drucksteine, die jeweils eine andere Farbe trugen. Durch das Überlagern von Farben konnten besonders lebendige und detaillierte Bilder erzeugt werden. Die Chromolithographie wurde vor allem für die Herstellung von Werbematerial, Postern, Kunstwerken und illustrierten Büchern verwendet. Sie trug zur Popularisierung von farbenfrohen Bildern bei und machte Kunst für ein breiteres Publikum zugänglich.

Im Gegensatz dazu waren Stiche und Illustrationen im 19. Jahrhundert oft aufwändigere und handwerklichere Verfahren. Stiche wurden durch Gravieren oder Ätzen eines Bildes auf eine Metalloberfläche hergestellt, typischerweise aus Kupfer oder Stahl. Diese Platte wurde dann mit Tinte bedeckt und auf Papier gepresst, wodurch das Bild gedruckt wurde. Diese Technik erlaubte feine Linien und detaillierte Darstellungen, die oft in Büchern, Zeitschriften und Kunstwerken zu finden waren. Illustrationen wurden oft von Hand gemalt oder gezeichnet und dann mittels Holzstich oder Ätztechniken reproduziert.

Ein entscheidender Unterschied zwischen den Techniken lag in ihrer Farbfähigkeit. Während die Lithographie und besonders die Chromolithographie farbige Bilder ermöglichten, waren Stiche und Illustrationen oft auf Schwarz-Weiß-Bilder beschränkt, es sei denn, sie wurden von Hand koloriert. Dies führte zu unterschiedlichen ästhetischen und funktionalen Anwendungen. Die farbenfrohen Bilder der Chromolithographie fanden oft in der Kunst, später auch in der Werbung und der populären Kultur Verwendung, während Stiche und Illustrationen eher in literarischen Werken, wissenschaftlichen Texten und historischen Kunstbüchern (Gegenwartskunst war ja noch nicht erfunden worden) zu finden waren.

Trotz ihres Erfolgs und ihrer Beliebtheit geriet die Chromolithographie im Laufe der Zeit in Schwierigkeiten. Ab dem Jahr 1900 begannen neue Drucktechniken wie der Offsetdruck und der Siebdruck, an Bedeutung zu gewinnen. Ab ca. 1925 waren die moderneren Verfahren effizienter und kostengünstiger als die aufwändige Herstellung von separaten Druckplatten für jede Farbe. Darüber hinaus konnte der Offsetdruck eine höhere Auflage in kürzerer Zeit produzieren, was für Verlage und Unternehmen äußerst attraktiv war und eine neue Ära der Massenproduktion (Auflagen in Millionenhöhe) ermöglichte.

Insgesamt trugen diese verschiedenen Drucktechniken des 19. Jahrhunderts maßgeblich zur Verbreitung von Bildern und Informationen bei und prägten die visuelle Kultur ihrer Zeit. Jede Technik hatte ihre eigenen Vor- und Nachteile sowie ihre spezifischen Einsatzbereiche, doch gemeinsam trugen sie dazu bei, die Kunst und das Wissen einem breiteren Publikum - das bis zu diesem Zeitpunkt selten bis gar nicht (farbigen) Bildern ausgesetzt war - zugänglich zu machen.

Ihr Erbe bleibt in Form von kunstvollen Drucken und historischen Artefakten erhalten, die die Kreativität und Innovation vergangener Zeiten widerspiegeln.